Wie alles begann...
Nun kam 1976 ein Aichacher Bürgermeister nach Schifferstadt – und es hat „gefunkt“ zwischen den Bayern und den Pfälzern.
Was diese Begegnung bis heute bewirkte, schildert Josef Sold (Schifferstadter Bürgermeister von 1975 – 1995) in seinem Artikel „Wege über die Grenzen“ in der Schifferstadter Orts-Chronik „Geschichte und Geschichten“ (1998):
Freundschaft - das ist nichts, was man anordnen, verordnen, per Beschluss herbeiführen kann, da müssen sich Menschen finden, die sich verstehen, die auf der gleichen Wellenlänge senden, die Vertrauen zueinander haben. Mit dem Wort Freundschaft muss man vorsichtig umgehen. Und wenn nun zwei Städte ihre Freundschaft öffentlich besiegelt haben, gar einen Freundschaftsvertrag schlossen, dann muss vieles vorausgegangen sein, ehe die Stadträte beider Kommunen einen solchen öffentlichen Akt gutheißen. Vielfältige Bindungen müssen zwischen den Bürgern beider Städte bestehen und auf Dauer angelegt sein.
Schon 1957 und in den Folgejahren wiederholt gab es erste Kontakte und gegenseitige Besuche des FSV 13/23 und des BC Aichach - wie Schifferstadter Stadträte, als sie erstmals im April 1976 in Aichach waren, mit Erstaunen festgestellt haben. Für diesen Besuch wiederum war das Zusammentreffen der beiden Bürgermeister im Ausschuss für Schule, Kultur und Sport des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ausschlaggebend. Erster Bürgermeister Alfred Riepl war mit diesem Ausschuss im März 1976 zu Gast in Schifferstadt und hatte Bürgermeister Josef Sold und den Bauausschuss des Schifferstadter Stadtrates, der eine mehrtägige Fahrt zur Besichtigung technischer Einrichtungen in Hessen und Bayern plante, auch nach Aichach eingeladen. Der überaus herzliche Empfang in Aichach, die Begegnung mit Bürgern, der gemeinsame Abend im Turm der "Damischen Ritter" mit dem Turmhauptmann Sepp Sandmaier und seinem Nachfolger, Otto Steuerl, dem Öffentlichkeitsreferenten der Stadt Aichach, und nicht zuletzt mit deren Bürgermeister Alfred Riepl sowie Hans Wohlmuth von der Aichacher Freiwilligen Feuerwehr war für die Schifferstadter unvergesslich.
Aichach - die alte Herzogsstadt im altbayerischen Land
Aichach liegt nordwestlich von München und südöstlich von Augsburg im Tal der Paar. Die Stadt kann auf eine über tausendjährige Geschichte zurückblicken.
Um 939 tritt der Name Aichach erstmalig in einer Urkunde auf, in der die Grafen von Scheyern-Wittelsbach, Grund- und Burgherren des Gebietes, Pate stehen. Im 12. Jahrhundert erbaut Pfalzgraf Otto IV. sich zu seiner Burg in Oberwittelsbach noch ein Stadtschloss in Unterwittelsbach. 1180 belehnt Friedrich Barbarossa den Pfalzgrafen mit dem Herzogtum Bayern. 1210 kommt Aichach in den Besitz des Deutschen Ordens und ist somit die südlichste Kompturei des Ordens in deutschen Landen bis zur Säkularisation 1803.
1347 verleiht Kaiser Ludwig der Bayer dem Ort Stadtrechte "so, wie München sie besaß". Im 17. und 18. Jahrhundert musste Aichach unter Kriegswirren schwer leiden. 1812 wurde im Stadtschreiberhaus Ludwig Steub geboren, der später mit König Otto I. nach Griechenland kam und durch seine Reiseberichte über Hellas und Tirol, über Sitten und Bräuche im bayerischen Oberland zum Entdecker der Schönheit des Alpenlandes wurde.
Noch Anfang des 19. Jahrhunderts war Aichach eine Uhrmacherstadt, 60 Meister dieses Gewerbes waren hier ansässig. In Oberwittelsbach stand die Stammburg des berühmten Geschlechtes der Wittelsbacher, die von 1180 bis 1918 in Bayern ununterbrochen regierten, zwei deutsche Kaiser, einen Dänen- und drei Schweden-Könige stellten. Aichach zählte nach dem Krieg rund 6 000 Einwohner. Nach der Eingemeindung von 15 kleineren Gemeinden zählt Aichach nunmehr 17 000 Einwohner.
Die alte Herzogstadt bietet dem Besucher manche wertvolle Sehenswürdigkeit. Trotzig steht am Beginn des Stadtkerns das Obere Tor und erinnert an die mittelalterliche Bedeutung dieser Stadt. Schwedische Kanonenkugeln hängen über der Durchfahrt und zeugen von der Verwüstung im 30jährigen Krieg. Der Stadtplatz wird von alten Giebelhäusern gerahmt. Zierlich und reich ornamentiert ragt der Turm der Spitalkirche auf. Das Rathaus aus dem 17. Jahrhundert mit dem Stadtbrunnen an der Giebelseite ist einer Betrachtung wert und besondere Aufmerksamkeit verlangt ein Blick auf das Untere Tor, das im gotischen Stil erbaut wurde und das Wittelsbacher-Museum beherbergt.
„Aichach – die alte Herzogstadt" Stadt Aichach (Hrsg.) o.J.
und „Stadt Aichach“, WEKA-Verlag, Kissing, 2. Auflage 1984
Treffpunkte in den Folgejahren waren in Schifferstadt das Alte und das Neue Rathaus, in Aichach das Rathaus und der Turm der "Damischen Ritter". Von diesen Orten gingen Anregungen aus, die weitere Kontakte, gegenseitige Besuche zu besonderen Gelegenheiten (Stadtfest in Aichach und Rettichfest in Schifferstadt) und enge Freundschaften zwischen Vereinen und Bürgern beider Städte nach sich zogen.
1985 wurde „offiziell“ die „Königlich-Bayerische Josefs-Partei“ gegründet. Sie hat im Gegensatz zu herkömmlichen Parteien ein völlig klares Parteiziel: die Wiedereinführung des Josefs-Tages am 19. März als gesetzlichen Feiertag.
„Damische Ritter“ brechen Lanze für Heiligen
So stellt man sich ja wirklich die Gründung einer bayerischen Partei vor: Hoch droben, in der rauchigen Kammer eines alten Stadtturms, schwingt eine kleine, aber erlesene Versammlung ehrwürdiger Kleinstadt-Honoratioren erste deftige Reden und anschließend die vollen Bierkrüge, um dann einen Beschluss darüber zu fassen, dass in diesen liederlichen Zeiten, wo doch alles am Verkommen ist, die Tradition hochgehalten werden muss. Ist schon wahr: jenen älteren Herren in Aichach, die seit 30 Jahren in naturgemäß wechselnder Zusammensetzung den nicht eingetragenen Verein der ‘Damischen Ritter’ bilden, ist eine saubere Realsatire auf die hohe Politik gelungen, als sie am gestrigen Josefitag die Königlich-Bayerische Josefs-Partei (kurz: KBJP) gegründet haben, mit dem unerschütterlichen Willen, den Feiertag, der in Bayern seit 1968 nicht mehr begangen wird, wieder einzuführen.
Rolf Thym in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 20. März 1985
Diese Bewegung hat inzwischen weltweit Anhänger; es gibt keinen Kontinent auf dieser Erde, in dem nicht Mitglieder der KBJP zu finden sind. Viele Schifferstadter schlossen sich an, und zu den jährlichen Parteitagen kommen regelmäßig bis zu 40 Schifferstadter nach Aichach. Die Impulse der Königlich-Bayerischen Josefs-Partei haben in Schifferstadt längst auch in anderen Bereichen gezündet.
Eine große Delegation des Schifferstadter Stadtrates hatte im Juli 1985 am Jubiläum "750 Jahre Stadtgründung Aichach", das mit Festgottesdienst und historischem Festzug gebührend gefeiert wurde, teilgenommen. Am Vorabend war der VfK Schifferstadt im überfüllten Festzelt mit einer Auswahlmannschaft gegen die Aichacher Ringer angetreten. "Schifferstadts Vizeweltmeister Markus Scherer war das Eintrittsgeld allein schon wert", schrieb die „Aichacher Zeitung“. 25 000 Besucher hätten den Festzug gesehen, bei dem neben Landrat Josef Bestler und Bürgermeister Alfred Riepl auch Bürgermeister Sold in der Festkutsche saß.
1987 fuhren 15 Touristikfahrer der Radfahrervereinigung 1897 Schifferstadt in zwei Etappen über 315 km nach Aichach - Beigeordneter Walter Kolb und Vorsitzender Walter Frisch saßen im Begleitfahrzeug - und trafen sich dort mit ihren Freunden vom Aichacher Radsportverein. Sie setzten die Treffen in den Folgejahren fort. 1992 wurde auf Initiative der Schifferstadter Radfahrer eine "offizielle Freundschaft" zwischen den beiden Vereinigungen besiegelt. Sie unternahmen 1993 gemeinsam eine Alpenrundfahrt, fuhren 1994 eine internationale Partnerschaftstour mit dem RSV Aichach durch Elsaß, Lothringen und Luxemburg. 1995 radelten sie gemeinsam von Hamburg aus durch Norddeutschland zurück in ihre Heimatstädte.1
Beim Volksfest sind die Schifferstadter regelmäßig in Aichach, und zu jedem Rettichfest kommen die Aichacher nach Schifferstadt. Beim Rettichfestumzug 1996 besetzten Aichacher und Schifferstadter Radfahrer ihre teils mehrsitzigen Räder so, dass die Herkunft der Sportler nicht mehr erkennbar war: ein aktiver Freundeskreis von Touristikfahrern. Der Besuch einer Delegation mit Vertretern des Aichacher Stadtrates und Aichacher Vereine im November 1989 - Erster Bürgermeister Alfred Riepl pflanzte in der Nähe des Südbahnhofes die "Aichacher Eiche" - brachte weitere Kontakte zu Schifferstadter Vereinen.
Die Schützengesellschaft traf sich mit den "Königlich Privilegierten Schützen" von Aichach, und Günter Hartel vom Briefmarkenclub Aichach lernte Herbert Wagner vom Schifferstadter Briefmarkensammlerverein kennen. Schon wenige Monate später, im April 1990, begegneten sich ihre Vereine wieder bei einer Rang-3-Jubiläums-Briefmarken-Ausstellung in Schifferstadt. Der erste Gegenbesuch folgte 1992 zur Jugend-Briefmarken-Ausstellung. In den Jahren danach fanden regelmäßige Treffen statt. Zum Jubiläum "1125 Jahre Schifferstadt" gestalteten beide Vereine im November 1993 eine Ausstellung mit Postkarten und postalischen Belegen im Foyer des neuen Rathauses. Der Schifferstadter Verein ließ extra einen postalischen Freistempel anfertigen. Herbert Huber stellte 1995 in Aichach seine exzellenten Spezialsammlungen "Weinreise durch die Südliche Weinstraße" und "Ringkampf-Sport, Spiel, Schau, Artistik" aus. Treffen bei Großtauschtagen und philatelistischen Veranstaltungen im süddeutschen Raum sind selbstverständlich geworden. 2
Im Herbst 1989 nahm die Faschingsgesellschaft Paartalia, (benannt nach der durch Aichach fließenden Paar) Verbindung mit der Karnevalgesellschaft Schlotte, Schifferstadt, auf. Am Rosenmontag 1990 glänzte die Paartalia im Pfarrzentrum St. Jakobus mit der perfekten Tanzshow "Eine Reise durch Ungarn und Russland". Das war der Beginn regelmäßiger Besuche der beiden Karnevalgesellschaften. Im Februar 1993 begründeten sie im Aichacher Rathaus im Beisein des Ersten Bürgermeister Heinrich Hutzler offiziell ihre Freundschaft, und Präsident Johannes Friedmann und Hofmarschall Klaus Laske aus Aichach, Schlotten-Präsident Wilfried Külbs und Schlotten-Vorsitzender Ernst Grüner tauschten die "Urkunden über die löbliche und nachahmenswerte Vereinbarung einer Freundschaft" zwischen der Faschingsgesellschaft Paartalia Aichach und der Karnevalgesellschaft Schlotte aus.
1991 schickte der Turnverein 1885 Schifferstadt die 1. aktive Damenmannschaft und die 2. aktive Herrenmannschaft zu einem "Sie-und-Er-Turnier" zum Aichacher Partnerverein 3 und im August 1995 nahm der Verein für Heimatpflege Schifferstadt unter Führung seines Vorsitzenden Eckart Wilhelm Wilbertz freundschaftliche Beziehungen zum Heimatverein Aichach auf, dessen Vorsitzende Maria Kern der Schifferstadter Abordnung die Sehenswürdigkeiten der historischen Stadt Aichach und des Umlandes mit den Resten des Wittelsbacher Stammsitzes im Vorort Oberwittelsbach, aber auch die Wallfahrtskirche Maria Birnbaum und andere Besonderheiten der Umgebung zeigte. Lorenz Eckrich, der Leiter des Schifferstadter Heimatmuseums, freute sich, 1995 aus seinem reichen Vereinsfundus dem Heimatverein Aichach Material für dessen Ausstellung zum Jubiläum "120 Jahre Eisenbahnlinie Augsburg - Aichach - Ingolstadt" zur Verfügung stellen zu können. 4
Besondere Akzente auf kulturellem Gebiet setzte das Aichacher Volkstheater mit dem Vorsitzenden Ernst Kögl und dem Spielleiter Walter Gärtner ab März 1990 mit seinen Aufführungen im Pfarrzentrum St. Jakobus in Schifferstadt. Die Stadtverwaltung hatte mit Unterstützung der Stadtsparkasse Schifferstadt hierzu eingeladen. Mit Ludwig Thomas "Erster Klasse" und der "Brautschau" eroberte sich diese Theatergruppe die Herzen der Schifferstadter, so dass es fast selbstverständlich war, dass ihre folgenden Einstudierungen auch in Schifferstadt zur Aufführung kamen. "Die Resonanz beim Schifferstadter Publikum lässt uns immer wieder gern in unsere Partnerstadt fahren", sagt Walter Gärtner, im Hauptberuf Direktor der Aichacher Realschule.
1991 schickte der Turnverein 1885 Schifferstadt die 1. aktive Damenmannschaft und die 2. aktive Herrenmannschaft zu einem "Sie-und-Er-Turnier" zum Aichacher Partnerverein 3 und im August 1995 nahm der Verein für Heimatpflege Schifferstadt unter Führung seines Vorsitzenden Eckart Wilhelm Wilbertz freundschaftliche Beziehungen zum Heimatverein Aichach auf, dessen Vorsitzende Maria Kern der Schifferstadter Abordnung die Sehenswürdigkeiten der historischen Stadt Aichach und des Umlandes mit den Resten des Wittelsbacher Stammsitzes im Vorort Oberwittelsbach, aber auch die Wallfahrtskirche Maria Birnbaum und andere Besonderheiten der Umgebung zeigte. Lorenz Eckrich, der Leiter des Schifferstadter Heimatmuseums, freute sich, 1995 aus seinem reichen Vereinsfundus dem Heimatverein Aichach Material für dessen Ausstellung zum Jubiläum "120 Jahre Eisenbahnlinie Augsburg - Aichach - Ingolstadt" zur Verfügung stellen zu können. 4
Besondere Akzente auf kulturellem Gebiet setzte das Aichacher Volkstheater mit dem Vorsitzenden Ernst Kögl und dem Spielleiter Walter Gärtner ab März 1990 mit seinen Aufführungen im Pfarrzentrum St. Jakobus in Schifferstadt. Die Stadtverwaltung hatte mit Unterstützung der Stadtsparkasse Schifferstadt hierzu eingeladen. Mit Ludwig Thomas "Erster Klasse" und der "Brautschau" eroberte sich diese Theatergruppe die Herzen der Schifferstadter, so dass es fast selbstverständlich war, dass ihre folgenden Einstudierungen auch in Schifferstadt zur Aufführung kamen. "Die Resonanz beim Schifferstadter Publikum lässt uns immer wieder gern in unsere Partnerstadt fahren", sagt Walter Gärtner, im Hauptberuf Direktor der Aichacher Realschule.
Karl Pleli, Vorstandsmitglied des Schifferstadter Männergesangvereins Eintracht, besuchte 1990 mit einem Freund ein Konzert des Liederchors Aichach. Die Begegnung mit dessen Vorsitzenden Josef Biebl führte zu familiären Kontakten und letztendlich zu einem Besuch des Liederchors Aichach in Schifferstadt. Bei einem Gottesdienst in St. Laurentius wurde sein hervorragendes Können deutlich. Der MGV Eintracht erwiderte im September 1996 den Besuch. 5
Schifferstadter Künstler stellten im Oktober 1995 im Rahmen der umfangreichen Aktivitäten "10 Jahre Kunstkreis Aichach" ihre Werke im Aichacher Kreisgut aus. Die Vernissage am Eröffnungsabend brachte Arbeiten von Irmgard Böhmer-Saal, Martin Eckrich, Jochen Frisch, Hubert Gems, Bernd Koblischeck, Otmar Sattel und Horst Steier einem großen Publikum näher und fand eine gute Resonanz in der regionalen Presse.
Die vielfältigen Beziehungen seit 1976 waren Hintergrund für den damaligen Vorsitzenden der CSU-Fraktion im Aichacher Stadtrat und späteren Ersten Bürgermeister Heinrich Hutzler, um den Antrag einzubringen, die beiden Städte sollten offiziell eine Partnerschaft eingehen. Am 1. August 1992 war es dann endlich so weit: „Pfalz und Bayern sind schon seit langem miteinander verbunden. Ein Pfälzer aus der Zweibrücker Linie der Wittelsbacher wurde im Jahre 1180 Herzog von Bayern. Die Pfalz gehörte von 1816 bis nach dem Zweiten Weltkrieg, 130 Jahre lang, zu Bayern - wenn Sie so wollen, sind viele von uns gebürtige Bayern. Wir brauchen dabei gar nicht auf historische Wurzeln zurückzugreifen. Wir stützen uns einfach auf die Freundschaft unserer Bürger, die immer festere Formen angenommen hat", sagte Bürgermeister Sold im vollbesetzten Aichacher Ratssaal anlässlich der Festsitzung zur Unterzeichnung der Freundschaftsurkunden.
Otto Josef Steuerl, der in seinem 13seitigen Festgedicht viele Anekdoten auf dem langen Weg der gegenseitigen Kontakte humorvoll lebendig werden ließ, brachte es auf den Punkt: "Auch wir kennen keine Parteien mehr. Zu den Freunden aus der Pfalz zieht es uns hin, ob sie schwarz oder rot sind, oder blau oder grün." 6 Stadträte und Bürger, Vereinsmitglieder und Freunde saßen anschließend bis in die späte Nacht beim Aichacher Stadtfest, das auf dem Stadtplatz zwischen dem Oberen und dem Unteren Tor rund um das Rathaus gefeiert wurde, zusammen. Eine der vier Musikkapellen, die zur Unterhaltung aufspielten, war die Kapelle der Karnevalgesellschaft Schlotte aus Schifferstadt.
Vielfältig sind die Beziehungen, die Schifferstadter Bürger, die die Vereine und Institutionen nach außen geknüpft haben. Eines bleibt festzuhalten: Verbindungen wurden nie "von oben" verordnet, sie sind von selbst gewachsen. Sie beruhen zum Teil auch auf der sprichwörtlichen Kontaktfreudigkeit der Schifferstadter. Sie sind wichtig geworden in der heutigen Zeit, wichtig deshalb, weil sie Ruhepunkte in der Hetze des Alltags sind. Partnerschaften und Freundschaften bringen neue Sichtweisen, die erlauben, die eigene Welt mit anderen Augen zu sehen. Und schon deshalb muss man sie pflegen.
1 Karl Wende, Radfahrervereinigung 1897
2 Herbert Wagner, Briefmarkensammlerverein
3 Ernst Keller, Turnverein 1885, Abt. Handball
4 Lorenz Eckrich, Verein für Heimatpflege
5 Petra Pleli, MGV Eintracht
6 DIE RHEINPFALZ, Ludwigshafener Rundschau, vom 4. August 1992
Im August 1996 stattet der neugewählte Erste Bürgermeister von Aichach, Klaus Habermann, seinem Schifferstadter - ebenfalls neuen - Amtskollegen Edwin Mayer einen Antrittsbesuch ab, und im selben Jahr gibt es sogar eine „gemischte Hochzeit“ von Karnevalisten der KG Schlotte und der Paartalia. Beim Festakt „650 Jahre Stadtrecht Aichach“, den die Partnerstadt im Jahr 1997 begeht, ist der Schifferstadter Bürgermeister natürlich anwesend und hat eine Replik des „Goldenen Hutes“ dabei. Die „Krieger- und Soldaten-Kameradschaft 1873 Aichach“ lädt ein Jahr später die Schifferstadter Reservistenkameradschaft zum 125jährigen Gründungsfest ein – die Wanderfreunde Aichach-Klingen und ein Team des Sportschützengaus Aichach kommen nach Schifferstadt. Nicht nur die Stadträte beider Städte treffen sich immer wieder, 1998 hatten Auszubildende der Stadtverwaltungen Gelegenheit, für einige Arbeitstage die Luft in den Partner-Rathäusern zu schnuppern.
Dass Bürgermeister Habermann das Jubiläum „50 Jahre Stadtrechte“ im Jahr 2000 in Schifferstadt mitfeiert, ist selbstverständlich. Im folgenden Jahr spielt die Schifferstadter Stadtkapelle beim Aichacher Stadtfest. Ein Doppel-Jubiläum gibts 2002: „Zehn Jahre Städtefreundschaft“ feiert der Aichacher Stadtrat in Schifferstadt – und auf „Zehn Jahre Vereinspartnerschaft“ blicken die beiden Radsportvereine zurück und schaffen eine ganz außergewöhnliche Unternehmung: sie reisen zusammen nach Frederick/USA, die weitere Schifferstadter Partnerstadt.
Die Freundschaft lebt, das zeigt der erste Auftritt des modernen Schifferstadter Kirchenchors „Gruppe Grenzenlos“ in der Aichacher Stadtkirche und sein Zusammentreffen mit dem Aichacher Gospelchor „Good Vibrations“ im Jahr 2003.
Die Beteiligung der Stadt Schifferstadt bei der WI-LA 2005, der regionalen Gewerbemesse des Wittelsbacher Landes in Aichach, ist für Bürgermeister Klaus Sattel selbstverständlich. Karsten Möller vom Schifferstadter Hotel „Salischer Hof“ präsentiert dabei den vorwiegend bayrischen Messebesuchern zum „Pfälzer Saumagen“ und anderen Köstlichkeiten aus der Pfalz eine Eigenkreation: „Rettichkuchen aus Schifferstadt“. Nicht lange danach reist der Aichacher „Boandlbräu“-Bierbrauer Manfred Fritsch in die Stadt am Rehbach. Der Diplom-Braumeister bietet hier mit großem Erfolg seine hausgebraute Bierspezialität an.
Ereignisreis wird das Jahr 2006: nicht nur, dass der Landrat und einige Bürgermeister des Landkreises Aichach-Friedberg nach Schifferstadt kommen - beim Rettichfest-Umzug führt Bürgermeister Klaus Habermann eine Aichacher Gruppe an, in aufwendigen historischen Gewändern nach bayrischer Tradition, versteht sich. Wenig später erleben Bürgermeister, Beigeordnete und Stadträte aus Schifferstadt das Zentrum der Partnerstadt mal ganz anders: als mittelalterliches Lager mit allem Leben, das dazugehört: bei den „Mittelalterlichen Markttagen zu Aichach“. Diese mehrtägige Veranstaltung findet nur alle drei Jahre Mitte September statt und ist weit über Bayerns Grenzen hinaus berühmt.
2007 nun, kann die Städtepartnerschaft ihr 15jähriges Bestehen vorweisen.
Zu diesem Anlass reist erstmals die Theatergruppe der Kolpingsfamilie Schifferstadt nach Aichach und zeigt dort das Stück „Töchter gesucht“. Ebenfalls zum ersten Mal fahren Schifferstadter Leichtathleten ins Aichacher Trainingslager – und zum wiederholten Mal Schifferstadter Radfahrer zum Aichacher Stadtfest. Und am 15. September wird in der Aula des Paul-von-Denis-Schulzentrums in Schifferstadt „offiziell“ gefeiert – zusammen mit Bürgermeister Habermann, Ratsmitgliedern und Verwaltungsleuten aus beiden Städten und vielen interessierten Schifferstadtern. Im Rahmen dieses öffentlichen Jubiläumsabends gastiert das „Aichacher Volkstheater“ mit seinen Laienschauspielern und führt die pantomimische Lesung „Der Schweine-Faust“ auf, eine Persiflage auf Altmeister Goethes Werk.
Auch in den Folgejahren lassen die Karnevalisten, die Radfahrer und andere Gemeinschaften ihre jährlichen Begegnungen nicht abreißen. Ein Verein begibt sich 2010 auf die Suche nach dem passenden Partner: die Ortsgruppe Schifferstadt des Pfälzer Waldvereins. Aber das dauert noch ein Weilchen … obwohl - Bürgermeister Habermann gibt den „Pfälzerwäldlern“ bei der Feier ihres 100jährigen Bestehens in Schifferstadt bereits die Ehre. 2011: Mit großen Aufgebot aus Volkstheatergruppe, Radsportclub, Mittelaltergruppe, Briefmarkenfreunden, Turnern, Liederchor und Mitarbeitern aus dem Rathaus bereichert Bürgermeister Habermann wieder den Schifferstadter Rettichfest-Umzug. Und die Schifferstadter Radfahrer wie auch private Gruppen lassen sich das Aichacher Stadtfest im August nicht entgehen. Zum ersten Mal tritt die Schifferstadter Band „hodge podge“ bei der Veranstaltung „Sisi rockt“ in Aichach auf.
Geradezu einen Reigen von Begegnungen bringt das Jahr 2012.
Die Leichtathletik-Kids, die Feuerwehr, erstmals den MGV Concordia und Bürgermeister a.D. Edwin Mayer mit der Senioren-Union – sie alle zieht es in die Bayernstadt. Derweil feiern die Radfahrer ihre 20jährige Vereinspartnerschaft bei der RV 1897 in Schifferstadt.
Gleich dreimal in diesem Jahr besucht die neue Schifferstadter Bürgermeisterin, Ilona Volk, das attraktive Aichach: im Frühjahr zum offiziellen Informationsbesuch mit den Stadträten beider Städte, im September zu den Mittelalterlichen Markttagen und zusammen mit dem Schifferstadter Pfälzerwald-Verein bei dessen Kontaktaufnahme mit den Aichacher Grubet-Freunden - ja, man kann sagen, die Schifferstadter Wanderfreunde haben nun ihre bayerischen Seelenverwandten gefunden.
Und es gibt eine Première im Jahr 2012: zum Jubiläum „90 Jahre Schachclub Schifferstadt“ richten der BC Aichach und der Schifferstadter Schachclub ihre erste Begegnung als Open-Air-Freundschafts-Spiel auf dem Schifferstadter Schillerplatz aus. Auch 2013 ist ein „Erstmals“ zu verzeichnen: der Aichacher Kirchenchor gestaltet in der Schifferstadter Herz-Jesu-Kirche zusammen mit dem dortigen Kirchenchor einen Gottesdienst. Bei der Aichacher Gewerbeausstellung WILA ist die Stadt Schifferstadt wieder mit einem Infostand vertreten.
Und nicht nur zu dieser Gelegenheit reist Bürgermeisterin Ilona Volk im April in die Partnerstadt, sie fährt auch im August mit der Radfahrervereinigung Schifferstadt – per Fahrrad über mehrere Tage, versteht sich – in das über 300 km entfernte Aichach zum dortigen Stadtfest.
Im Sommer 2014 müssen sowohl Schifferstadt wie Aichach den Tod der beiden Persönlichkeiten beklagen, mit deren Begegnung und Freundschaft die Entwicklung der Städtepartnerschaft ihren Anfang nahm:
Innerhalb weniger Wochen versterben die früheren Bürgermeister Josef Sold und Alfred Riepl.
An der Einweihung des neuen Aichacher Feuerwehrhauses im Spätjahr 2014 nehmen Feuerwehrleute aus Schifferstadt teil, und im nächsten Frühjahr, 2015, ernennt der Schifferstadter Pfälzer-Wald-Verein in Aichach Bürgermeister Habermann zum Ehrenmitglied. Eine große Gruppe des „Katholischen Landvolks“ aus Aichach und Umgebung informiert sich anlässlich einer Reise nach Mainz auch in Schifferstadt, und der Männergesangverein Eintracht gibt in Aichach ein gemeinsames Konzert mit dem dortigen Liederchor.
Schon lange plant der Vorsitzende der Aichacher Ruhestandsbeamten, Bürgermeister a. D. Heinrich Hutzler, eine Reise nach Schifferstadt. 2015 wurde es Wirklichkeit: Herr Hutzler - vom Aichacher Stadtrat mit dem Ehrentitel „Altbürgermeister“ gewürdigt - verbringt mit seiner Gruppe drei Tage in Schifferstadt, Speyer und an der Weinstraße. Und wieder rollen Anfang August die Räder der Radfahrervereinigung und der Bürgermeisterin zum Aichacher Stadtfest, und im September begleiten Beigeordnete und Ratsmitglieder Stadtchefin Volk zu den Mittelalterlichen Markttagen in die Partnerstadt.
Dass sich seit 1976 freundschaftliche Beziehungen – ungeachtet von Parteigrenzen, wechselnden Stadtratsperioden oder Bürgermeisteramtszeiten – entwickeln konnten und sich vermehrt haben, ist außer den Bürgermeistern Alfred Riepl und Josef Sold als „Initiatoren“ besonders Altbürgermeister Heinrich Hutzler und dem amtierenden Ersten Bürgermeister Klaus Habermann auf Aichacher Seite und den Schifferstadter früheren Amtsinhabern Edwin Mayer und Klaus Sattel sowie der heutigen Bürgermeisterin Ilona Volk zu danken. Allen liegt sehr viel daran, dieser Städtepartnerschaft immer wieder neue Impulse zu geben und dadurch die bestehenden guten Beziehungen zwischen Vereinen, Institutionen, Gruppen und Privatpersonen zu festigen und weitere Kontakte zu fördern. Denn ganz klar ist: gerade die Mitwirkung der vielen Aktiven in beiden Städten macht diese Partnerschaft richtig lebendig.
Die Stadt Aichach selbst hat einiges zu bieten: die historische Altstadt mit viel Flair, ein Rathaus im Barockstil und Stadtbefestigungsmauern mit Türmen und Toren. Und es gibt weiteres zu entdecken, z. B. ein neu eingerichtetes Stadtmuseum, ein „Wittelsbacher Museum“ und ein ganz besonderer Anziehungspunkt ist das renovierte Wasserschloss - genannt „Sisi-Schloss“ - im Stadtteil Unterwittelsbach, in dem Kaiserin Elisabeth von Österreich mit ihrem Vater, Herzog Max in Bayern schöne Kindheitstage verbrachte. Lohnend ist auch der Besuch in Oberwittelsbach, dem Stammsitz der Wittelsbacher. Außerdem ist Aichach Ausgangspunkt des Paartalwanderwegs, der sich auch für Radtouren eignet. Im Süden von Aichach, in Sielenbach, steht die sehenswerte barocke Deutschordens- und Wallfahrtskirche Maria Birnbaum und nach Inchenhofen, wenige Kilometer nördlich von Aichach, in die gotische Leonhardskirche, führt jährlich der Leonhardi-Ritt, eine Wallfahrt zu Pferde.
Wer selbst mal nach Aichach fahren will oder als Verein einen passenden solchen in Aichach aufspüren möchte, für den ist Aurelija Igel, Geschäftsleitende Beamtin der Stadtverwaltung Aichach, die richtige Gesprächspartnerin.