Wie es damals weiterging, beschreibt Josef Sold (1975 bis 1995 Bürgermeister von Schifferstadt) ausführlich in der Schifferstadter Orts-Chronik „Geschichte und Geschichten“ (1998) in seinem Beitrag "Wege über die Grenzen - Schifferstadts Partnerschaften"
Frederick, Maryland, USA
Eigentlich ist die Partnerschaft mit der Stadt Frederick, etwa 65 km nordwestlich von Washington D.C. in Maryland gelegen, mehr einem Zufall zu verdanken: Ernst Wagner - ein gebürtiger Schifferstadter, der den größten Teil seines Berufslebens im Fernen Osten verbracht hatte und seit seinem Eintritt in den Ruhestand in Schifferstadt lebte - fuhr anlässlich des Besuchs alter Freunde in den Vereinigten Staaten durch New Jersey, Pennsylvanien, "wo sich so viele deutsche Menschen niederließen, wo noch deutsche Dörfer sind und man bis heute noch den pfälzischen Dialekt spricht" 1, und reiste von Washington kommend durch Maryland auf der Staatsstraße 15.
1) Mitteilung von Ernst Wagner an Verfasser im September 1977
Ein Hinweisschild "Shieferstadt" ließ ihn die Fahrt unterbrechen. Er fand ein altes Farmhaus, das etwa 1736 von einer aus Schifferstadt ausgewanderten Familie errichtet wurde und zu einem Kulturzentrum ausgebaut werden sollte. Hierzu war eine eigene Stiftung, die "Frederick County Landmark Foundation" ins Leben gerufen worden. Als persönlich engagiertes Mitglied gehörte dieser Stiftung Frau Virginia B. Thomas an, deren Vorfahren ebenfalls von Schifferstadt nach Frederick ausgewandert waren.
"Ernst Wagner war von diesem in Amerika entdeckten 'Schifferstadt' geradezu begeistert. Er sandte Dokumentationsmaterial mit Sonderbriefmarken, darauf das Bild des 'Goldenen Hutes', nach Frederick. Beigeordneter Kurt Schade ließ ebenfalls unverzüglich einige Unterlagen mit dem Bildband der Stadt über den großen Teich senden. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub schaltete sich auch Bürgermeister Sold mit großem Interesse in die beginnende Freundschaft ein und übersandte ein Handschreiben. Es kam zu mehreren Gesprächen mit Ernst Wagner, wie man in Zukunft diese Freundschaft noch enger gestalten könne." 2
Ernst Wagner führte umfangreiche Korrespondenzen in Amerika und Deutschland, stöberte in Archiven und konnte recht schnell die Abstammung des Erbauers des Farmhauses "Schifferstadt" klären: "Der Name Brunner erscheint im hiesigen Einwohnerverzeichnis zum ersten Mal im Jahr 1679, was jedoch nicht ausschließt, dass ein Brunner schon vorher hier eintraf (möglicherweise zwischen 1655 und 1679). Im vorliegenden Fall handelte es sich jedenfalls um einen Einwanderer aus Rothenstein in der Schweiz: Joseph Brunner heiratete hier am 23.11.1700 Katharina Elisabeth Thomas; der Ehe entsprangen acht Kinder, fünf wurden hier und drei weitere in USA geboren. Der hier als ältester Sohn geborene Johann Jakob Brunner traf als Vorhut bereits 1728 in Philadelphia ein, von wo er später nach Maryland übersiedelte. 1729 folgten ihm seine Eltern mit den übrigen vier Kindern". 3
Wieder ein Jahr später, 1730, war dann der Bruder der Katharina Elisabeth Brunner, Johann Michael Thomas, unter den Einwanderern. Dieser Johann Michael Thomas war 1688 in Klein-Schifferstadt geboren worden und hatte am 10.1.1713 Anna Veronika Lang, ebenfalls aus Klein-Schifferstadt, geheiratet. Ihrer Ehe waren bis zum Auswanderungsjahr 1730 elf Kinder entsprossen, neun davon haben sie mit nach Pennsylvanien genommen.
1962 erschien in Philadelphia eine Familiengeschichte der pennsylvanischen Thomas. Darin sind rund 3 500 Nachkommen des 1730 aus Klein-Schifferstadt ausgewanderten Johann Michael Thomas angeführt. 4
Frederick, die Stadt, die auf Geschichte gebaut ist
Frederick wurde 1754 von englischen und deutschen Siedlern unter dem Namen Fredericktown gegründet. Als Grenzstadt bediente sie die Wagenzüge, die das umliegende fruchtbare Farmland in Richtung Wilder Westen durchzogen. Daraus entwickelte sich ein Verkehrsknotenpunkt. Später kamen Handwerker und Händler in die wachsende, landwirtschaftlich geprägte Gemeinde. 1775 war Frederick eine boomende Stadt mit 2 000 Einwohnern.
Der Ort und seine Einwohner spielten eine wichtige Rolle in der Geschichte der USA. Während der Sezessions- und Bürgerkriege wurden manche Bürger nationale Helden, so Francis Scott Key, der Autor der amerikanischen Nationalhymne, und Barbara Fritchie, eine couragierte Unionistin des Bürgerkriegs.
Die früheren Grenzen von Fredericktown begrenzen heute die 33 Blocks von Fredericks historischem Distrikt, in dem viele Gebäude umsichtig restauriert wurden. Die heutige Straßenführung entspricht weitgehend der von früher. Stattliche Anwesen, elegante Stadthäuser und anmutige Kirchen aus dem 18. und 19. Jahrhundert wechseln sich mit pittoresken Gärten und Parks mit viktorianischen Brunnen und Statuen ab.
Quelle: Tourism Council of Frederick County, Frederick, USA, 1980
Bereits im Oktober 1977 hat Fredericks Bürgermeister Ronald N. Young Kontakt mit dem Schifferstadter Bürgermeister aufgenommen, Unterlagen, Karten, Ansichten der 25 000-Einwohner-Stadt Frederick nach Schifferstadt geschickt und auch von dem Interesse des Mitglieds des US-Kongresses Goodloe E. Byron an der Herrichtung von "Fredericks eigenem ‘Schifferstadt’ an der Fernstraße US 15" berichtet.
Das aus Stein gebaute Siedlerhaus ist wahrscheinlich das älteste in Frederick City. "Die Mauern sind 2 ½ Fuß dick, mit handbehauenem Holzwerk aus einheimischer Eiche zusammengefügt, ohne Nägel oder Spiker. Mit seinem hochgezogenen Dach und Zentralkamin erinnert es an Farmhäuser nahe Mannheim, Deutschland." 5
"Bis jetzt wurde die Farbe an der Außenseite entfernt. Der Fußboden des Gebäudes wurde auf seine ehemalige Höhe zurückgeführt. Fenster und Türrahmen wurden erneuert. Das Zinndach wurde repariert, weil Frederick Landmarks Foundation nicht über genügend Mittel verfügt, das Dach mit Eichenschindeln auszustatten, wie es früher war." 6
In Douglas Greene, dem "Architectural Historian" von Frederick, hatte Bürgermeister Young einen Mann gefunden, der die Aktivitäten der beiden Städte koordinieren sollte. Dieser Mann hat viel für die Verbindung Frederick/Schifferstadt getan. Er war zum Partner für Ernst Wagner geworden; er kümmerte sich rührend um die Besucher aus der "Alten Welt". In der frühen Zeit waren dies neben Ernst Wagner auch Emil und Berta Thomas, Erich und Andrea Schwarz, Robert und Johanna Litzenburger, Roland und Wally Ulrich.
Und immer wieder kamen Bürger aus Frederick auf ihrem Europa-Trip nach Schifferstadt. So auch Professor Dr. Calvin E. Schildknecht, der aus Frederick stammt und im November 1981 lebende Schmetterlinge, "Monarchen", mitbrachte.
Der Verein für Heimatpflege Schifferstadt hat sehr interessiert die Kontakte Frederick-Schifferstadt verfolgt. Am 21. Oktober 1980 rief das Vorstandsmitglied Martin Kerth, Rektor i. R., in einem Rundschreiben auf, "die Gelegenheit zu ergreifen und eine Brücke zwischen der alten Heimat und Frederick zu bauen." In beiden Städten dachte man an eine offizielle Verbindung. Aber es ging noch über ein Jahr ins Land, bis die Vorbereitungen dazu erledigt waren.
Die Vereinigten Staaten hatten 1956 ein Verschwisterungskonzept für Städte ins Leben gerufen, um durch direkten persönlichen Kontakt mehr Freundschaft und besseres Verständnis zwischen den Völkern der Vereinigten Staaten und anderer Nationen zu erreichen. Alle US-Präsidenten hatten in der Folge dieses Verschwisterungskonzept aufrechterhalten. Im Rahmen dieser Sistercities International Organisation sollte die Verschwisterung beider Städte erfolgen. Das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart wurde eingeschaltet und andererseits konnte Bürgermeister Young aufgrund des Beschlusses des Board of Aldermen (Stadtrat) eine offizielle Einladung an die Stadt Schifferstadt schicken, Schwesterstadt von Frederick zu werden. Eine Kopie dieser Resolution vom 18.3.1982 ging an Sistercities International in Washington, die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinigten Staaten und die US-Botschaft in der Bundesrepublik.
Am 20. April 1982 teilte Bürgermeister Sold seinem amerikanischen Kollegen Young mit, dass "der Hauptausschuss unserer Stadt spontan beschlossen hat, eine Verschwisterung einzuleiten: Der Rat der Stadt Schifferstadt wird am 26. Mai 1982 in feierlicher Form in öffentlicher Sitzung die Verschwisterung der Städte Frederick, Maryland, USA, und Schifferstadt, Rheinland-Pfalz, Bundesrepublik Deutschland, proklamieren". Der Stadtrat hat der Verschwisterung der Stadt Schifferstadt mit der Stadt Frederick und dem Wortlaut der vorgelegten Urkunde einstimmig zugestimmt:
Bereits einen Tag später, am 27. Mai 1982, fand im Alten Rathaus die feierliche Urkundenübergabe an den Beauftragten der Stadt Frederick, Dwight Collmus, statt. "Die Bevölkerung von Frederick freut sich sehr über die Verschwisterung mit Schifferstadt", versicherte der Gast aus der amerikanischen Gemeinde und verband damit die Hoffnung, dass sich noch mehr Bürger aufgrund dieser Verschwisterung zu gegenseitigen Besuchen ermutigt fühlten. "Collmus ist sicher, dass sich die Kontakte bald vertiefen und daraus eine größere Freundschaft für künftige Generationen erwachsen wird". 7
Beide Seiten tauschten Fahnen aus. "Bürgermeister Sold gab dem Gast die Stadtfahne, die des Landes Rheinland-Pfalz und der Bundesrepublik mit. Dwight Collmus hatte die Stadtfahne von Frederick und das Sternenbanner der Vereinigten Staaten mitgebracht, die beide im Obergeschoß des Rathauses 'enthüllt' wurden", berichtet das „Schifferstadter Tagblatt“ und geht, wie der Bürgermeister bei der Urkundenübergabe, kurz auf die Geschichte ein. Der Ort habe zunächst Frederickstown geheißen und sei 1745, also etwa neun Jahre nach dem Bau des Farmhauses Schifferstadt, von deutschen und englischen Siedlern an einem Auswandererweg in den Westen Amerikas gegründet worden.
Der Ort sei schnell auf 2 000 Einwohner angewachsen. Heute habe die Stadt mehr als 25 000 Einwohner. Wegen wirtschaftlicher, konfessioneller und politischer Zwänge seien im 18. und 19. Jahrhundert hunderttausende Bewohner aus Südwestdeutschland ausgewandert, so dass im früheren Amerika generell alle Deutschen als "Palatines", als "Pfälzer" bezeichnet worden seien. "Allein im Jahr 1832, nach dem Scheitern der ersten Freiheitsbewegung der Bürgerlichen beim Hambacher Fest, seien 10 000 Pfälzer ausgewandert. Die Vereinigten Staaten von Amerika seien jetzt Garant der Freiheit in der westlichen Welt. Unsere Sicherheit und unser freiheitliches System hätte nur mit Hilfe der Amerikaner geschaffen werden können. Wir sollten nie vergessen, dass sie es waren, die uns nach dem letzten Krieg geholfen haben", führte Bürgermeister Sold bei der Urkundenübergabe aus. 8
Eckart Wilhelm Wilbertz schreibt: "Sicherlich war die derzeitige Situation, wo in der Weltpolitik so vieles in Unordnung geraten ist, der richtige Augenblick für die Verschwisterung mit einer amerikanischen Stadt wie Frederick. Doch auch Kontakte wollen wachsen und Partnerschaften wollen wohlüberlegt sein. Es war sicherlich richtig, zunächst nichts zu überstürzen. Es gibt, wie die Geschichte zeigt, zwischen beiden Städten echte heimatgeschichtliche Anknüpfungspunkte. Wann wäre die Annäherung zwischen den Völkern wichtiger als gerade heute, in einer Zeit der allgemeinen Verunsicherung. Die Verschwisterung zweier Städte, mögen sie auch weit voneinander entfernt sein, ist der schönste Beweis für eine Verständigungsbereitschaft. Entfernungen aber lassen sich heutzutage schnell überbrücken.“ 9 Dass große Entfernungen heute kein absolutes Hindernis mehr sein müssen, hatte kurz vor der offiziellen Verschwisterung bereits die Realschule Schifferstadt mit einem Frederick-Aufenthalt bewiesen.
Im Oktober 1982 hat die Stadtverwaltung die Schifferstadter Bürger eingeladen, zusammen mit einer Delegation des Stadtrates die Stadt Frederick und wichtige Städte Amerikas zu besuchen. Anlass dieses Besuches seien die Jubiläumsfeierlichkeiten "300 Jahre Deutsche in Amerika - 250 Jahre erste deutsche Siedlung in Maryland - 200 Jahre Gründung der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft", die die Universität Maryland durchführt. Im März 1983 war der vorläufige Reiseplan komplett: über Toronto, die Niagara-Fälle und Lancaster, Pennsylvania, sollte Frederick erreicht werden, von dort aus auch Ausflüge nach Washington, Philadelphia, Germantown, nach Pennsylvanien zu den Amischen unternommen werden. Nach fünftägigem Aufenthalt in Frederick sollte die 43köpfige Reisegruppe unter Leitung von Bürgermeister Sold über New York und Boston wieder in die Heimat fliegen.
Diese Reise war beeindruckend. Die Tage in Frederick waren von einer warmen Herzlichkeit geprägt. Die meisten Mitglieder der Delegation waren privat untergebracht, so dass persönliche Kontakte geknüpft werden konnten. Eindrucksvoll auch der Partnerschaftsabend mit Bürgermeister Ronald Young und dem Kulturattaché der Deutschen Botschaft in Washington, Maas.
Dass diese Partnerschaft sich nicht nur auf Kontakte auf "höchster Ebene" beschränkt, zeigen die gegenseitigen privaten Besuche, aber auch die bereits erwähnten Schüleraustausche.
Im Sommer 1983 waren amerikanische Schüler Gäste der Realschule Schifferstadt, und im Juli 1983 kam James Murphy, Vorsitzender des Board of Aldermen, in Begleitung seiner Frau und seiner drei Kinder nach Schifferstadt.
Der Dezernent für das (hauptamtliche) Feuerwehrwesen in Frederick zeigte sich beeindruckt von der Ausrüstung der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr. Besonderes Interesse zeigte er für deren neuestes Strahlenschutzfahrzeug mit seinen zahlreichen Spezialgeräten und Schutzanzügen.
"Der Empfang in Frederick war sehr herzlich. Man hatte sogar geflaggt, und wir und die Schüler fühlten uns alle sehr wohl! Die Gastfreundschaft der Amerikaner ist wirklich überwältigend", schrieben die beiden Lehrerinnen Reichenbach und Schall vom Schüleraustausch der Realschule anlässlich ihres Besuches in den USA an Ernst Wagner. Erste Eindrücke schilderte auch ein großer Zeitungsbericht der "The News" in Frederick vom 29.3.1985, wie das „Schifferstadter Tagblatt“ berichtete.
So ist es an der Tagesordnung und ruft keinerlei Verwunderung hervor, dass Besucher aus der Partnerstadt - auch ohne Anmeldung - sowohl in die City Hall in Frederick als auch ins Rathaus in Schifferstadt kommen, um "Guten Tag" zu sagen.
Zur Gründung eines "Freundeskreises Frederick" forderten Ursula Heberger, Angelika Schall und Ernst Wagner im Mai 1986 auf, um bereits bestehende Kontakte mit der Schwesterstadt Frederick über den großen Teich hinweg noch mehr zu vertiefen. Man wolle den "Weg der kleinen Schritte“ gehen und keine kostenträchtigen Veranstaltungen planen. Der alle zwei Jahre seit 1981 stattfindende Schüleraustausch zwischen der Schifferstadter Realschule und der High School in Frederick habe sich als tragfähig erwiesen. Von beiden Seiten bestünde jedoch großes Interesse, die Kontakte zwischen jungen Leuten beider Nationen fortzusetzen. Allerdings müsse man nach weiteren Wegen suchen, das gegenseitige Kennenlernen zu vertiefen. So solle der Briefwechsel verstärkt unterstützt werden. Man hoffe, dafür in Frederick Kontaktpersonen zu finden, beispielsweise die Deutschlehrerin an der High School, Renate Wilson, die bisher den Schüleraustausch in Frederick organisiert hatte. 10
Im Dezember 1986 war der Verein "Freundeskreis Frederick" mit Satzung und Vorstandschaft installiert. Ursula Heberger wurde Vorsitzende, Ernst Wagner Stellvertreter und Angelika Schall Schriftführerin.
Zu seinen Aufgaben zählte der neue Verein künftig auch die Betreuung von Gästen in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung. Bisher hatte sich meist Ernst Wagner persönlich um Besucher aus Frederick gekümmert. Der Verein trat mit Vorträgen, Film- und Diavorführungen oder Beratungen an die Öffentlichkeit. "Amerikanisch kochen" rundete ein erstes Programm ab, das zeigte, dass das Anliegen des Vereins über den alleinigen Kontakt mit Frederick hinausreicht. Man traf sich in unregelmäßigen Abständen zu Informations-, Gesprächs- und Filmabenden.
Im Oktober 1988 führte eine USA-Reise über Los Angeles, die Nationalparks im Westen, Las Vegas, San Francisco nach Frederick. Von dort startete die Reisegruppe Ausflüge nach Washington und ins Amish Country. Endpunkt der Tour war New York.
Der Freundeskreis Frederick und der Verein für Heimatpflege starteten gemeinsam eine Unterschriftenaktion mit dem Ziel einer Straßenbenennung nach der amerikanischen Schwesterstadt. Erste Versuche waren im Stadtrat gescheitert. Im Juni 1989 war es dann so weit. Zusammen mit Schülern der Realschule und der Frederick High School zogen Vorstandsmitglieder des Freundeskreises Frederick vom Rathaus zur Ecke Frederickstraße/Bahnhofstraße. Dort enthüllte Angelika Schall vom Freundeskreis ein Straßenschild mit den beiden Stadtwappen und der Aufschrift "Verschwisterung seit Mai 1982 mit Frederick, Maryland, USA".
Bürgermeister Sold dankte dem Freundeskreis Frederick für dessen Engagement und gedachte bei dieser Gelegenheit der verstorbenen Initiatoren dieser Städtefreundschaft: Ernst Wagner war im September 1988, James Murphy im Dezember des gleichen Jahres verstorben, und Douglas Greene verstarb im Januar 1989. "Mit ihnen haben wir engagierte Befürworter einer Partnerschaft über die Grenzen hinweg und persönliche Freunde unserer Städte verloren". 11
Ende Dezember 1989 kam überraschend Ronald N. Young, bis wenige Wochen zuvor Bürgermeister in Frederick, zu Besuch ins Schifferstadter Rathaus. Mit ihm zusammen war Marylin Krantz gekommen, deren Vorfahren für einige Zeit Besitzer des Farmhauses "Schifferstadt" waren. Für die beiden Amerikaner war es der erste Aufenthalt in Deutschland, „aber sicherlich nicht der letzte“, wie Young versicherte.
Im Januar 1990 übergab Ronald Young die Stadtschlüssel an den neuen Bürgermeister Paul Gordon und im März des gleichen Jahres zog Sally Murphy, die Witwe von James Murphy, in den Board of Aldermen ein. Mit ihr fand die Idee der Partnerschaft eine wichtige Förderin der Verschwisterung zwischen Frederick und Schifferstadt. Sie wurde später Leiterin des Partnerschaftsbüros in Frederick.
Frederick benannte Ende März 1990 den "Schifferstadt Boulevard", eine breite Straße mit neun Kreuzungen im nördlichen Neubaugebiet der Stadt.
Zwischen Weihnachten und Neujahr 1991/92 erzielte die Junge Kantorei Schifferstadt bei einem Weihnachtskonzert unter Diözesankirchenmusikdirektor Dietmar Mettlach einen riesigen Erfolg in Frederick. Die Besucher des überfüllten Kirchenkonzerts dankten den jungen Sängerinnen und Sängern mit "standing ovations".
Das zehnjährige Bestehen der Verschwisterung zwischen Schifferstadt und Frederick war 1992 Anlass zu einer weiteren Bürgerreise des Freundeskreises Frederick, die während der Osterferien zunächst nach Frederick und dann in die Südstaaten führte. Die Reisegruppe lernte mit Houston, Memphis, Atlanta, Nashville und Charleston den „Großen Alten Süden“ der USA kennen und fand neue Freunde.
Im November 1992 kam der Vorsitzende des Freundeskreises Schifferstadt, Roger Musser, mit seiner Frau Char für einige Tage nach Schifferstadt. Sie waren auf einer Reise durch Deutschland und Österreich. Gastgeberin war Frau Heberger.
Einer der ersten Besuche des amerikanischen Gastes galt dem Schifferstadter Oberstudienrat Klaus Link, der im September 1991 mit dem Kammerchor des Gymnasiums während einer Konzertreise durch Amerika auch in Frederick begeistert gefeiert worden war. Mussers Rundgänge durch Schifferstadt führten zum Haus Mühlstraße 14, aus dem im Jahre 1729 Joseph Brunner nach Frederick ausgewandert war. Ursula Heberger äußerte den Wunsch, dass die Stadt dieses Haus, den ehemaligen Schafhof, käuflich erwerben solle, dann würden alle Brunners von Michigan bis Florida bereit sein, einen Restaurierungsfonds zum Erhalt dieses Hauses zu gründen, um das Andenken des ersten Schifferstadter Auswanderers nach Frederick zu bewahren.
Der Freundeskreis eröffnete im Oktober 1993 eine Ausstellung "Bilder aus Amerika" im Foyer des Rathauses, die Aufnahmen von Bürgerreisen, hauptsächlich von Kanada bis Florida, zeigte und Appetit auf neue Amerikakontakte machte.
Der 27. April 1995 brachte einen Glanzpunkt der Partnerschaft mit Frederick. Bei einer zweiwöchigen Deutschland-Reise kamen 24 Bürger der Stadt Frederick mit ihrem neuen Bürgermeister Jim Grimes zu einem offiziellen Empfang in das Alte Rathaus. Nachmittags folgte eine Stadtrundfahrt.
Die Partnerschaft zwischen beiden Städten ist über eine weite Distanz lebendig geblieben: "Bürger zu beiden Seiten des Ozeans sind zu Freunden geworden", bekundete Bürgermeister Sold. "Wir fühlen eine große innere Nähe zu den Bürgern Ihrer Stadt. Es macht uns eine große Freude, dass wir Ihr wunderschönes Land besuchen dürfen", bekannte Jim Grimes, der darauf verwies, dass Frederick den 250. Jahrestag seiner Stadtgründung feiere. Aus diesem Anlass gäbe im September 1995 die Stadt einen öffentlichen Ball und organisiere eine große Parade, zu der die Bürger aus Schifferstadt herzlich eingeladen seien. Er überreichte Bürgermeister Sold eine Urkunde, in der der 27. April zum "Schifferstadt-Tag" in Frederick proklamiert wird. Angesichts der Tatsache, dass weit über tausend Menschen aus Schifferstadt in die USA ausgewandert seien, sei es erfreulich, dass ihre Nachkommen in verstärktem Maße die Verbindung zum Herkunftsort ihrer Familie suchten und Kontakte zu entfernten Verwandten knüpften, so Sold. Das Bündnis zwischen Frederick und Schifferstadt habe seine Wurzeln in der Verständigung der Völker, die durch die Heimatverbundenheit ihrer Bürger noch vertieft werde. 12
Das Land Rheinland-Pfalz rief 1995 - anlässlich des Kriegsendes 50 Jahre zuvor - zu einer Aktion "Nachbar Amerika" auf, bei der mit vielen Aktivitäten und Veranstaltungen auch der Kommunen der Wiederaufbauhilfe der Vereinigten Staaten gedacht werden sollte.
Die Stadt Schifferstadt und der Freundeskreis Frederick hatten hierfür eine Reihe gemeinsamer Veranstaltungen geplant und der Staatskanzlei in Mainz vorgeschlagen. Das Schifferstadter Gremium beabsichtigte, im Unterschied zu den anderen Städten, die beispielsweise mit Militärmusik und Veteranenparaden den Jahrestag begehen wollten, ein "leichtes" mehrteiliges Festival durchzuführen: Die bei Jugendlichen beliebte Ferienaktion "Holliwutt in Schifferstadt" lebte in den Osterferien wieder auf, und am 24. Juni fand auf dem Schulhof des Paul-von-Denis-Schulzentrums ein Country & Western-Festival statt, bei dem die Gruppe Stampede aus Neuhofen auftrat. Ein Western-Club aus Ludwigshafen demonstrierte Lassowerfen und „Bullenreiten“, es gab viele amerikanische Leckereien an den Verpflegungsständen. Schifferstadter Vereine und auch die Schüler im Schulzentrum boten ihre Speisen an. Square-Dance-Vorführungen und Dokumentationen über den Schüleraustausch Schifferstadt-Frederick und die Geschichte der Indianer, der Button-Verkauf des Lions-Clubs "Schifferstadt - Goldener Hut", eine Buch- und Schmuckausstellung und ein Quilt-Stand rundeten die Veranstaltung ab. Für den Frühsommer 1995 hatte das Organisationsteam die Bürger aufgerufen, Gegenstände, die mit Amerika in Verbindung stehen, zu der Ausstellung „Amerikanischer Bilderbogen“ im Foyer des neuen Rathauses einzuliefern. Dies war ein großer Erfolg. Im Oktober 1995 fanden viele Besucher den Weg in die St.-Jakobus-Kirche zu einem Gospel-Konzert des Spiritual-Chors aus Trippstadt.
Und dass auch die privaten Kontakte Schifferstadter Bürger nach Amerika nicht abreißen, dafür sorgte eine Touristengruppe mit Günter und Elfriede Mattern, Marianne und Gerhard Langknecht mit ihrem Sohn Bernhard, die im Juli 1995 Bürgermeister Jim Grimes in Frederick einen Besuch abstatteten.
- Mitteilung von Ernst Wagner an Verfasser im September 1977
- DIE RHEINPFALZ, Ludwigshafener Rundschau, vom 31. März 1978
- Schreiben von Ernst Wagner an Frieda Sessner, Ansbach, vom 6. Dezember 1977
- Mitteilung von Ernst Wagner an Verfasser vom 27. September 1977
- Brief von Frau Gg. Leicester Thomas jr., Frederick, an Ernst Wagner vom 13. September 1977
- Schreiben von Bürgermeister Ronald Young an den Verfasser vom 28. Dezember 1978
- DIE RHEINPFALZ, Ludwigshafener Rundschau, vom 29. Mai 1982
- Schifferstadter Tagblatt vom 29. Mai 1982
- Eckhart Wilhelm Wilbertz: "Ein Herz für Amerika", ebd.
- Schifferstadter Tagblatt vom 10. Mai 1986
- DIE RHEINPFALZ vom 12. Juli 1989
- Speyerer Tagespost vom 28. April 1995
Seit 1995 weisen an den Ortseingängen von Schifferstadt Städtepartnerschaftstafeln Besucher und Bürger auf die Partnerschaft hin. Frederick folgt diesem Beispiel und errichtet drei Jahre später, 1998, ebenfalls solche Hinweistafeln. Und im gleichen Jahr erklärt der Bürgermeister von Frederick den 13. März zum offiziellen „Tag der Verschwisterung“.
Ein Jahr später, zum Gedenktag am 13. März 1999, gibt Pianist Noel Lester, Professor und Chair Department Music des Hood Colleges, ein Konzert als Geschenk der Stadt Frederick im Alten Rathaus in Schifferstadt.
Die Schifferstadter Radfahrervereinigung empfängt im Jahr 2000 eine Delegation aus Frederick und unternimmt zwei Jahre später eine Reise in die Partnerstadt.
Ebenfalls im Jahr 2002 feiert Schifferstadt das 20jährige Bestehen der Partnerschaft, der Hood College Choir singt in Schifferstadt, und zum Jubiläum „125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Schifferstadt“ reist eine Delegation des Frederick City Fire Departments an.
Auch auf privater Ebene weiten sich die Kontakte aus: eine Besuchergruppe aus der Partnerstadt verbringt im Jahr 2003 einige Tage bei Schifferstadter Gasteltern. Kurz darauf tritt der Amerikaner Bill Powell bei einem Konzert in der Jakobuskirche auf. Und ein Jahr später bringt Prof. Noel Lester wieder seine ausgewählte Klaviermusik im Alten Rathaus zu Gehör.
Im November 2005 übernimmt Jeff Holtzinger das Bürgermeisteramt in Frederick. Zur Feier des 25jährigen Bestehens der Partnerschaft kommt er mit einer Abordnung im Juni 2007 für sechs Tage nach Schifferstadt. Und er bringt ein Geschenk mit: den Peace Pole, der an der Südseite des Alten Rathauses aufgestellt wird und zum Frieden auf der ganzen Welt ermahnen soll.
Die Einladung zum Gegenbesuch in Frederick nimmt Bürgermeister Edwin Mayer gerne an und reist im Oktober 2007 mit Beigeordneten und Ratsmitgliedern in die Partnerstadt.
Wichtiges Ziel einer Partnerschaft ist zweifellos die Begegnung junger Menschen. So kann man den einwöchigen Aufenthalt von Caitlin Holtzinger, die 2008 als Jugendbotschafterin nach Schifferstadt kommt und zahlreiche Kontakte knüpft, als besonderes Ereignis werten. Partnerschaftlich zeigt sich dabei Familie Atteln, die sich während dieser Zeit - sozusagen auf der „ersten Ebene“ - um Caitlin kümmert.
Gleich im nächsten Jahr startet Katharina Sturm zum Austauschbesuch nach Frederick und wird dort zur „Youth Ambassador Schifferstadt Germany“ ernannt.
Ebenfalls im Jahr 2009 lädt Bürgermeister Sattel zu einem Presseempfang im Alten Rathaus ein: eine Gruppe des „Freundeskreises Schifferstadt“ aus Frederick ist zu Gast.
Randy McClement löst im November 2009 Bürgermeister Holtzinger im Amt ab.
Im Januar 2010 kommt Youth Ambassador Kali Phillips für eine Woche zu Besuch, bestens betreut von der Vorsitzenden des Freundeskreises Frederick, Ursula Heberger.
Übers Jahr empfängt Bürgermeister Klaus Sattel mehrere Gäste aus der Partnerstadt, die mit Schifferstadter Familien befreundet sind, und der Deutsch-Pennsylvanische Arbeitskreis (Dr. Michael Werner) trifft sich in Schifferstadt zu seiner Jahreshauptversammlung mit dem Verein für Heimatpflege und dem Freundeskreis Frederick.
Eine ganz besondere Darbietung kann man im März 2012 in Schifferstadt genießen: anlässlich des 30jährigen Bestehens der Partnerschaft spielt der bekannte und geschätzte Pianist Prof. Noel Lester aus Frederick erstmals zusammen mit der Schifferstadter Cellistin Katja Zakotnik im Alten Rathaus – der Beginn einer musikalischen Partnerschaft?
Im November 2012 reist Bürgermeisterin Ilona Volk mit Ratsmitgliedern zu einem Informationsbesuch in die Partnerstadt und begegnet dort auch Bürgermeister McClement, der 2013 in dieses Amt wiedergewählt wird.
Gerade ein Jahr ist es her, dass Noel Lester und Katja Zakotnik sich in Schifferstadt kennenlernten. Im April 2013 schon unternehmen beide eine Konzertreise in Frederick und Umgebung.
Ganz besonders gerne kümmert sich Bürgermeisterin Ilona Volk um zwei Studentinnen des Hood-Collegs, Liz Tuten und Sydney Harrington, die – mit Stipendium der Frederick Sister Cities Association – im Juli 2014 zwei Wochen in Schifferstadt verbringen und hier Land, Leute und kulturelles Leben kennenlernen.
2014 – lange Zeit ist seit der letzten Bürgerreise vergangen. Ursula Heberger unternimmt im Oktober eine solche, zusammen mit Bürgern, Mitgliedern des Freundeskreises Frederick und der Bürgermeisterin.
Im Jahr darauf treffen sich der Pianist Noel Lester und die Cellistin Katja Zakotnik gleich zweimal: im März bei einem Konzert in Schifferstadt und im Juli auf musikalischer Tour in den USA.
Übrigens: Das „Haus Schieferstadt“ in Frederick dient heute als Heimatmuseum. Seine Existenz verleitet so manchen Amerikaner, auf seinem Europa-Trip neben Heidelberg, München und Neuschwanstein auch Schifferstadt zu besuchen. Und Bürgermeisterin Ilona Volk freut sich über jeden Gast aus der Partnerstadt.
Denjenigen, die nach ihren deutschen Vorfahren forschen, hilft Stadtarchivar Hans Benedom gerne und gründlich weiter.